Quantenphysik im Technorama
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Quantencomputer und Quantenmechanik werden derzeit intensiv erforscht, auch an der ETH Zürich. Sie sind zunehmend Thema in den Medien. Forscherinnen und Forscher arbeiten in diesem Bereich täglich mit kleinsten Teilchen, um im experimentellen Umfeld eine neue Ära der Informationstechnologie zu erschaffen. Sie soll in Zukunft neue Lösungen bringen. Doch wie lässt sich diese Welt der Quantenphysik ausserhalb des Labors erleben?
Die heutige Technologie stösst an Grenzen – Transistoren sind unterdessen nur noch nanometergross. Selbst alltägliche Anwendungen wie Leuchtdioden (LED) beruhen auf der Quantenmechanik. Die Quantenmechanik ermöglicht aber auch grundlegend andere Wege der Informationskontrolle. Ein vielversprechender Weg dazu ist die Verwendung von einzeln adressierbaren Ionen (positiv geladene Atome). Dies wird voraussichtlich zu neuen Möglichkeiten für Berechnungen und Kommunikation führen, was auch einen gesellschaftlichen Wandel mit sich bringen könnte.
Technologischer Wandel
Auf Initiative des Departements Physik der ETH Zürich wollen das Swiss Science Center Technorama in Winterthur und das ETH-Departement die Grundlage dieses technologischen Wandels, die Quantenphysik, mit Hilfe einer Ionenfalle erlebbar machen. «Quantencomputer sind auf dem Weg in die Realität, in Zukunft könnten sie sogar mit Ionenfallen funktionieren. Es ist wichtig, Schülerinnen und Schüler in diese Thematik genauso einzuführen, wie in Computerkenntnisse», sagt Natascha Hedrich, Physikerin und seit Kurzem Teil des Projektteams in der Forschungsgruppe von ETH-Professor Jonathan Home.
Atome faszinieren genauso wie Sterne
Der Quantenphysiker Jonathan Home träumte schon lange davon, einem breiten Publikum eine Interaktion mit Ionen zu ermöglichen: «Den Wow-Effekt, den astronomische Themen wie Schwarze Löcher oder Sterne auslösen, möchten wir auf die Atome übertragen. Denn sie sind genauso faszinierend wie Phänomene im Universum, bloss erleben wir sie ausserhalb des Labors nicht direkt.» Diese Idee begeisterte den Leiter des Technorama, Thorsten Künnemann sofort, als ihm vor vier Jahren die Kommunikationsabteilung des Departements Physik das Projekt skizzierte. Denn eine speziell gebaute Ionenfalle mit echten Atomen wäre eine einzigartige Neuheit, die über frühere Exponate mit Modellen solcher Systeme hinausgeht.
Herausforderungen
Gleich auf die Begeisterung folgten die technischen und didaktischen Herausforderungen. Die Ausstellung eines Science Centers stellt hohe Anforderungen an die Apparaturen: eine einfache intuitive und fehlertolerante Bedienung, ein didaktischer Kontext zum besseren Verständnis und ein rascher Start. In nur 15 Minuten muss die tägliche Inbetriebnahme der rund 1500 Exponate im Technorama erfolgen. Sie müssen automatisch aufstarten und wartungsarm sein. Dies ist anspruchsvoll angesichts der Komplexität der Ionenfalle, die mit ihrer Vakuumkammer, der Ionenquelle, den elektrischen Feldern, den fein eingestellten Lasern und der entsprechenden Software ein Instrument der Spitzenforschung ist.
Es funktioniert!
Doch in der Forschungsgruppe von Home gelingt es dem Ingenieur Ilia Sergachev, den Prototyp der Ionenfalle für das Technorama zu bauen. Sie kann trotz der hohen Anforderungen wie geplant die Quantenmechanik anhand einzelner Ionen und deren Quantensprüngen von dunkel zu hell sichtbar machen. «Es braucht neue Ansätze für den Betrieb des Experiments ausserhalb der Laborumgebung», sagt Ilia Sergachev. «Auch sind Helligkeit, Bildqualität und Sichtbarkeit der Atome in der Ausstellung wichtiger als im Forschungslabor.» Im Technorama sind nun die Ionen mit blossem Auge sichtbar und werden gleichzeitig als Live-Übertragung über eine CMOS Kamera am Bildschirm vergrössert.
Atome – Bausteine der Zukunft
«Lange habe ich im Labor mit Atomen gearbeitet, ohne sie einzeln gesehen zu haben; ich sah nur eine Wolke von Millionen von Atomen. Deshalb war ich ziemlich aufgeregt, als ich das erste Mal einzelne Ionen sah», erklärt der ehemalige Postdoktorand Matt Grau, der das Projekt von Anfang an mitentwickelt hat. Dies kann nun auch die Öffentlichkeit erleben. Die Ionen werden mit einem Laser angeregt und emittieren Licht beim Zerfall in den Grundzustand; diesen Prozess soll das Publikum im Technorama nachvollziehen können. Didaktisch ist das anspruchsvoll. Dank der Mitfinanzierung des Projekts durch das Instrument «Agora» des Schweizerischen Nationalfonds kann Natascha Hedrich die Nutzung des Exponats durch das Publikum analysieren und zusammen mit dem Didaktik-Team des Technorama die Interaktionen und Anleitungen verbessern. Sie entwickeln nun gemeinsam neue Ideen, um den Gästen des Technorama eine eindrückliche Begegnung mit Atomen und der Quantenmechanik zu ermöglichen.
Unfassbare Dinge sehen
Seit die Ionenfalle im September 2021 ins Technorama verschoben wurde, konnten bereits rund 500 Personen beim Publikumstest die Atome sehen. «Schon als Kind hatte ich das Gefühl, Atome sehen zu können. Heute habe ich tatsächlich welche gesehen. Es versetzt mich in Ehrfurcht und Staunen, solche unfassbaren Dinge zu sehen», äusserte sich ein begeisterter Besucher, während ein anderer versuchte, die Quantensprünge der Atome vom dunklen zum hellen Zustand per Video festzuhalten. Durch das Gespräch und die Beobachtung des Publikums können schrittweise hilfreiche didaktische Mittel zum Verständnis des Exponats entwickelt werden. Im August 2022 wird der Testprozess voraussichtlich abgeschlossen und das erste quantenmechanische Exponat im Technorama vollständig integriert sein.
Zur Diskussion über Quantentechnologie anregen
Die Ionenfalle soll Begeisterung und Neugier für Naturwissenschaft und Technik in einer neuen Dimension wecken und Fragen aufwerfen, zum Beispiel wie es möglich ist, etwas so Kleines beobachten zu können. Fragen an die Welt sind der Beginn der Wissenschaft. Für Schulklassen will das Technorama deswegen spezielle Workshops konzipieren, die mittels des Exponats Einblicke in die heutige Grundlagenforschung der Quantenphysik bieten. Diese wird unsere Berufswelt und Technologie vermehrt bestimmen. Jonathan Home und Thorsten Künnemann mit ihren Teams wollen deshalb dem Publikum über solche Schlüsselerlebnisse das scheinbar Unfassbare näherbringen.
Preview
Was – Das Ion Trap-Team ist vor Ort und steht für Fragen zur Verfügung.
Wann – Sonntag, 6. März 2022, 10-17 Uhr
Wo – externe Seite Technorama Winterthur
Anmeldung zum Preview – Technorama Registration Form (Englisch)
Die Ionenfalle im Technorama ist seit Januar 2022 öffentlich zugänglich.
Das Projekt wird finanziert durch das Instrument Agora, das Departement Physik der ETH Zürich und das Technorama.
Links
- externe Seite call_made Swiss Science Center Technorama
- chevron_right Forschungsgruppe «Trapped Ion Quantum Information» der ETH Zürich
- chevron_right Wissenschaftskommunikation in der Forschungsgruppe «Trapped Ion Quantum Information»
- externe Seite call_made Förderangebot des Schweizerischer Nationalfonds: AGORA
- externe Seite call_made Video: Mehr zur Quantenphysik an der ETH Zürich