Oded Zilberberg geht neue Wege
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Die Förderungsprofessuren des Schweizerischen Nationalfonds SNF richten sich an hoch qualifizierte junge Forschende, die eine permanente Professur anstreben. Der Quantenforscher Oded Zilberberg lancierte in diesem Rahmen als Assistenzprofessor am Departement Physik der ETH Zürich über sechs Jahre sein Forschungsprojekt.
Eine Professur erfordert viele Rollen: Bis die Forschungsprojekte etabliert sind, gilt es nicht nur Doktorierende und Postdoktorierende einzustellen, ein Team aufzubauen und es zu leiten, sondern auch die Exzellenz im Team zu fördern. Die Assistenzprofessor*innen unterrichten, entwickeln ihre eigene Unterrichtsmethoden, vernetzen sich mit anderen Forschenden und starten die Zusammenarbeit mit den für ihre Forschung wichtigen Forschungsgruppen. Es gilt Infrastruktur aufzubauen, an Konferenzen teilzunehmen und Vorlesungen zu halten. Parallel dazu bewerben sie sich auf freiwerdende reguläre Lehrstühle. Viele setzen sich das Ziel, in all diesen Rollen eine hervorragende Leistung zu erbringen, denn die Qualität der Forschung hängt oft vom Umfeld ab.
Brücke zwischen Physikwelten
In dieses Umfeld hat Zilberberg investiert. «Oded Zilberberg ist ein erstaunlicher Theoretiker, der eng mit Experimentatoren zusammenarbeitet. Seine Arbeit hat ihren Ursprung in der Physik der kondensierten Materie, erstreckt sich aber auch auf Systeme mit kalten Atomen, Nanomechanik und allgemein komplexe Quantensysteme mit Korrelationen» sagt Klaus Ensslin, Professor am Departement Physik und Leiter des Nationalen Forschungsschwerpunkts «Quantum Science and Technology, kurz QSIT». Zilberberg baute an der ETH Zürich damit Brücken zwischen Physik-Disziplinen, nicht nur zwischen unterschiedlichen Forschungsgruppen, sondern auch zwischen der experimentellen und der theoretischen Physik. «Manchmal führten seine Überlegungen zu einem anderen Aufbau eines Experiments» erklärt der Experimentalphysiker Alexander Eichler, «Oded Zilberberg war oft vor und nach einem Experiment involviert und nahm sich Zeit unsere Arbeit genau zu verstehen. Das ist für die Forschung und die Lehre ein spannendes interdisziplinäres Vorgehen, das auch zwischen Quantenphysik und klassischer Physik keine harten Grenzen zieht.»
Auf den Schultern von Giganten sieht man weiter
Das interdisziplinäre Querdenken wird heute zwar vermehrt mit entsprechenden Studiengängen gefördert. Trotzdem ist das nicht der klassische Karriereansatz, der in der aktuellen Forschungskultur gut etabliert ist. «Mich interessieren grundlegende universelle Konzepte und diese können erst mit einem breiten Horizont und Kenntnis früherer Forschenden erkannt werden» sagt Zilberberg. «Es macht für mich wenig Sinn datenbasiert zu forschen. Auf der Summe von Erkenntnissen früherer Forschenden aufzubauen, macht uns schneller.» Er illustriert diese Sichtweise mit Isaac Newtons Zitat «Wenn ich weiter als andere gesehen habe, dann nur deshalb, weil ich auf der Schulter von Giganten stand.» Heute stehen deren Erkenntnisse sogar via Internet bequem zur Verfügung.
Grosse Chance in kompetitivem Umfeld
Die Assistenzprofessuren des Schweizerischen Nationalfonds sind ein Weg aktuelle Forschungsthemen in die Schweizer Universitäten zu bringen. Eine Förderungsprofessur bietet den Assistenzprofessor*innen die Chance ihre Ideen in einem etablierten Forschungsumfeld weiterzuentwickeln und gleichzeitig geballtes Know-how für einen weiteren Karriereschritt mitzunehmen, an der eigenen Hochschule oder in einer anderen. Bei einem Wechsel an eine andere Universität entstehen Karrieremöglichkeiten in einem neuen Umfeld, in dem auch erneut eine Forschungsgruppe aufgebaut werden muss. Denn nicht für alle Assistenzprofessor*innen steht in ihren Universitäten nach Abschluss des Programms ein Lehrstuhl bereit; das heisst sie bewegen sich in einem äusserst kompetitiven Umfeld, wenn sie in der Forschung bleiben möchten – unabhängig davon ob an der eigenen oder einer anderen Universität.
Neue Position an der Universität Konstanz
Zilberberg wechselte im Herbst 2021 an die Universität Konstanz, wo er als Professor seine Forschung weiterführt. Für Zilberberg öffnet sich dadurch die Chance seinen breit vernetzten, in der Wissenschaftsgeschichte verankerten und horizontal über viele Forschungsfelder entwickelten Ansatz zu verfolgen. Darauf freut er sich und gleichzeitig ist ihm bewusst, dass in Konstanz erneut eine grosse Aufbauarbeit vor ihm liegt. Sein SNF-Grant läuft im Mai 2022 aus; Zilberberg betreut aus freien Stücken fünf Doktorierende und zwei Postdoktorierende an der ETH Zürich bis zum Abschluss des jetzigen Grants.
Weitere Zusammenarbeit mit der ETH Zürich
Viele von Zilberbergs Teammitglieder sind bereits weltweit in neuen Positionen: Tobias Wolf (erstes Foto) ist an der Texas University, andere sind als Professoren an der Aalto University in Finnland und an der Nanjing University oder in verschiedenen Positionen an der Harvard- und Cambridge University. Drei seiner ehemaligen Doktorierenden, die in der Schweiz forschen, werden durch externe Seite Swiss Postdoctoral Fellowships SNF gefördert.
Weitere arbeiten als Berater*innen in einer internationalen Beratungsfirma oder im Finanzwesen. Sie alle haben von Zilberberg die Idee eines grundlegenden universellen Konzepts und eine weitgefasste, vielschichtige Forschungsmethodik gelernt, welche auch für zukünftige Kooperationen wertvoll sind. Ensslin sagt: «Während seiner Zeit am Departement Physik der ETH Zürich hat Oded Zilberberg eine ganze Reihe von Publikationen gemeinsam mit experimentellen Gruppen – vor allem aus dem Nationalen Forschungsschwerpunkt QSIT – verfasst, und diese fruchtbare Zusammenarbeit wird fortgesetzt.» Weil sie einen Durchbruch in der Forschung erwarten lässt, wird sie durch den Schweizerischen Nationalfonds mit externe Seite Sinergia-Beiträgen für interdisziplinäre Projekte gefördert.
Auch in der Lehre ein «Synergie Generator»
Mesoskopischer Transport, topologische Photonen, Verschränkung, nichtlineare Dynamik, Moiré-Stapel: Die Forschungsgebiete Zilberbergs sind komplex, ebenso sein Stoff in der Lehre. Am besten unterteilt man sie, um die Schwierigkeit zu reduzieren und Teilbereiche verstehen und lernen zu können. «Mich interessiert das nachträgliche Zusammenführen dieser Teilbereiche» meint Zilberberg, der sich als «Synergie Generator» sieht. «Das will ich auch im Hörsaal weitergeben.» Deshalb unterrichtete der Theoretiker zusammen mit dem Experimentalphysiker Alexander Eichler nach der «Flipped Classroom»-Methode: Sie lassen die Studierenden zunächst ihren Stoff selbst studieren und diskutieren dann gemeinsam, was das Gelernte in der Praxis bedeutet. Die Vorlesung zum Thema «Parametric Phenomena» wird auch in Zukunft weitergeführt.
Oded Zilberberg
Nach seinem Dreifachstudium in Physik, Mathematik und Informatik in Israel promovierte Zilberberg am Weizmann-Institut für Wissenschaften nach fünf Jahren Forschung und blieb dort als Postdoktorand weitere fünf Monate, bevor er sein Postdoktorat an der ETH Zürich für weitere zwei Jahre fortsetzte. Danach wechselte er als wissenschaftlicher Mitarbeiter ins Forschungszentrum eines renommierten Schweizer Unternehmens, bevor er im Mai 2016 an die ETH Zürich berufen wurde. Als theoretischer Physiker für kondensierte Materie forschte er dann im Departement Physik der ETH Zürich mit seinem Team von bis zu 15 Postdocs, Doktorandinnen und Doktoranden (aus verschiedenen Forschungsgruppen und Austauschprogrammen, die er teilweise gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen betreute) im Bereich Quantum Engineering. Zilberberg ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebt mit seiner Familie in Zürich.
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