Quantenrevolutionen am Departementstag
- Institute for Theoretical Physics (ITP)
- Institute for Quantum Electronics (IQE)
Zweimal im Jahr organisiert die Leitung des Departements Physik der ETH Zürich einen Anlass für alle Angehörigen des Departements: den Departementstag im Juni und den Neujahrsapéro im Januar. Dies sind gute Gelegenheiten für die rund 500 Angehörigen des Departements, Neues aus der Departementsleitung und aus der Forschung zu erfahren und sich auszutauschen.
Mit ihren Referaten zur zweiten Quantenrevolution boten ETH-Professor Renato Renner und Dr. Karan Mehta auf sehr unterschiedliche Weise Einblick in zwei der 46 Forschungsgruppen — der Quanteninformationstheorie-Gruppe und der Gruppe Trapped Ion Quantum Information. Die beiden Redner hatten keine einfache Aufgabe, sass doch ein sehr gemischtes Publikum im Auditorium: Office Manager, Finanzspezialisten, Technikbegeisterte, Physikerinnen und Physiker. Die beiden Fachreferate waren in dem Sinn gut aufeinander abgestimmt: der eine bot den Einstieg, der andere startete bereits mit Formeln.
Wie intuitiv sind Quantenphänomene?
Renato Renner führte in anschaulicher Weise in die Welt der Quantenphänomene ein. Zum Beispiel mit einer kleinen Umfrage zur Flugbahn eines Koffers, der aus dem Laderaum eines fliegenden Flugzeugs fällt (siehe Bild unten). Dieses Beispiel zeigt, dass man sich auch in der klassischen Physik oft nicht auf seine Intuition verlassen kann.
Vor mehr als 100 Jahren, bei der ersten Quantenrevolution, die sich in mehreren Entwicklungsschritten bis zur Jahrtausendwende entwickelte, wurde schon klar: In diesen allerkleinsten Dimensionen verhält sich fast alles entgegen der Intuition, verhält sich entgegen dem, was wir aus unserer täglichen Umgebung lernen. Die Quantenphänomene nehmen wir deshalb oft als spukhaft wahr.
Wofür können Quantenphänomene genutzt werden?
Diese unerwarteten Phänomene der Quantenwelt sollen auch in der zweiten Quantenrevolution nutzbar gemacht werden. Aus den Erkenntnissen der ersten Quantenrevolution entstanden viele Anwendungen, wie Laser, GPS, CD-Player und Handys. Die zweite Quantenrevolution basiert auf der Tatsache, dass unterdessen einzelne Atome, Ionen und Photonen gezielt kontrolliert, manipuliert und als Informationsspeicher genutzt werden können. Professor Renato Renner geht davon aus, dass in nächster Zeit mit Hilfe von Quantencomputern die heute üblichen Verschlüsselungsverfahren gebrochen werden können. Dies wird insbesondere auch Kryptowährungen wie Bitcoin betreffen.
Er nutzt nun die Eigenschaften und die Interaktion einzelner Photonen dazu, Verschlüsselungen gegen solche Angriffe abzusichern. Diese Verschlüsselungen funktionieren nach komplett andern Regeln als herkömmliche. Zum Beispiel werden Codes erst beim Erhalt generiert. Vorher sind sie nicht vorhanden und können deshalb auch nicht ausgelesen werden.
Zukunftstechnologie der Quantencomputer
Noch ist unklar, welche Technologie sich für die Hardware von zukünftig industriell gefertigten Quantencomputern durchsetzen wird. Dr. Karan Mehta bot in seinem Referat einen Überblick über aktuell am Departement Physik der ETH Zürich und weltweit verfolgten Varianten, wobei er zwei zurzeit vielbeachtete speziell hervorhob. Einerseits die auch von IBM und Google aktuell verwendeten supraleitenden Einheiten von Quanteninformation (Qubits), andererseits Ionen, an denen er in der Forschungsgruppe von Prof. Jonathan Home forscht. Andere Gruppen innerhalb des Departements Physik forschen an Varianten wie Kernspins, Photonen, Quantenpunkte und Fehlstellen in Festkörpern. Eine grosse Herausforderung auf dem Weg zum Quantencomputer ist bei allen Varianten die Erweiterung (Hochskalierung) der Systeme.
Ionen als Träger von Quanteninformationen haben in dieser Hinsicht interessante Eigenschaften, erläuterte Karan Mehta: Sie sind alle vollkommen identisch, können einzeln bewegt und sehr präzise kontrolliert werden. Er sieht hier ein grosses Zukunftspotential, das ihn motiviert.
Die Welt schläft nicht
An den in den Referaten dargelegten Fragestellungen wird weltweit mit grosser Energie auf Hochtouren geforscht. Alle, vor allem auch China und die USA, wollen mit an der Spitze sein. Es fliessen enorme Ressourcen in diesen Forschungsbereich. Neben der Quantenphysik betreibt das Departement Physik andere relevante Grundlagenforschung.
Das Management der Mittel ist deshalb auch eine der zentralen Herausforderungen des Departements. Der Departementsvorsteher Prof. Rainer Wallny berichtete in seiner Ansprache zu Beginn des Departementstages über fünf durch die Professorenschaft ausgearbeitete, strategische Forschungs-Initiativen (Initiative ETH+) zuhanden der Schulleitung der ETH. Sie zeigen auf, wie vorhandene Forschungsreserven sinnvoll in den Grundauftrag von Forschung, Lehre, Wissens- und Technologietransfer in den nächsten Jahren eingesetzt werden könnten. Die Erneuerung der Ressourcen- und Finanzplattform wird den akademischen Einheiten ab Januar 2019 mehr Flexibilität in der Bewirtschaftung ihrer Finanzen ermöglichen.
Es geht um die Wurst
Nicht nur in der Forschung geht es um die Wurst, sondern, wie es Prof. Rainer Wallny so schön formuliert hat, auch am Departementstag. Nach all dieser intensiven theoretischen Kost stand das grosse Departements-Barbecue bereits für alle Hungrige bereit. Auch dieses Jahr hat das interne Organisationskomitee alles darangesetzt, dass die vielen hungrigen Bäuche nicht lange warten und alle bereits in kurzer Zeit vor einem üppigen Teller in geselliger Festatmosphäre draussen auf dem Campus Hönggerberg sassen und am einen oder andern Tisch bestimmt bereits neue Ideen diskutiert wurden.