Wie man Luft mit Licht durchkämmen kann

Eine Arbeitsgruppe des Instituts für Quantenelektronik hat ein besonderes Dual-Frequenzkamm-Spektrometer entwickelt, das auf einer neuen Detektionsmethode beruht, um Gase mit hoher Empfindlichkeit zu analysieren.

Mit Licht lassen sich die erstaunlichsten Dinge tun: Man kann es erzeugen, bündeln und spiegeln, man kann es regenbogenschillernd in seine Einzelteile zerlegen; es kann für Industrie- und Fertigungsanwendungen präzise manipuliert werden und die Art und Weise, wie es sich in Materie ausbreitet, verrät viel über natürliche und künstliche Materialien. Wenn Licht die Form von sogenannten Frequenzkämmen annimmt, kann es zur Kalibrierung von Spektrometern in Teleskopen, zur spektroskopischen Analyse von Molekülen in industriellen und umwelttechnischen Prozessen und zum Bau von LIDAR-Geräten höchster Präzision verwendet werden.

In der von Professorin Ursula Keller gegründeten Forschungsgruppe am Institut für Quantenelektronik ist ein Arbeitsgebiet die Dual-Comb-Spektroskopie (DCS). Eine leistungsstarke optische Technik, welche die Möglichkeiten der Gasabsorptionsspektroskopie, die unter anderem bei der Umweltüberwachung eingesetzt wird, erheblich verbessert hat. In ihrer jüngsten Veröffentlichung, die soeben in der Fachzeitschrift Nature Communications erschien, ist es den Forschern der Gruppe Keller gelungen, ein kompaktes und hochempfindliches Doppelkamm-Spektrometer zu realisieren, das auf einem speziell entwickelten optischen parametrischen Oszillator (OPO) und einer verbesserten Detektionsmethode basiert. Das optische System kann sowohl kurzwellige (von 1300nm bis 1670nm) als auch mittelinfrarote Wellenlängen (zwischen 2700nm und 5000nm) abtasten und bietet einen kontrollierbaren Messbereich, der auf die Absorptionsspektren der untersuchten Gase abgestimmt werden kann.

Insbesondere der mittlere Infrarotbereich konnte bislang mittels Dual-Frequenzkamm-Spektroskopie nur unter hohem Aufwand abgedeckt werden, etwa weil bisherige Laserquellen mit aufwändiger Elektronik stabilisiert werden mussten. Dabei birgt gerade dieser Bereich Potenzial für zukünftige Anwendungen, wie Carolin Bauer, Erstautorin der Studie, erklärt: «Der mittlere Infrarot-Bereich wird auch die ‹molekulare Fingerabdruck-Region› genannt, da in diesem Wellenlängenbereich viele Moleküle Licht stark absorbieren». Bauer und ihre Co-Autoren haben nun einen Weg aufgezeigt, diesen wichtigen Teil des elektromagnetischen Spektrums zu untersuchen, der hohe Empfindlichkeit mit einem vergleichsweise einfachen Aufbau kombiniert.

Ein Kamm, zwei Kämme

Ein Frequenzkamm ist eine Lichtquelle, die Lichtpulse bestehend aus einer Überlagerung verschiedener Frequenzen aussendet, wobei die Pulse immer den exakt gleichen zeitlichen Abstand zueinander haben. Frequenzkämme werden in der Spektroskopie eingesetzt, um Lichtsignale mit Frequenzen zu untersuchen, die zu hoch sind, um sie mit herkömmlicher Elektronik zu erfassen. Bei der Frequenzkamm-Spektroskopie wird ein Lichteingang mit einem Frequenzkamm gemischt, um ein Ausgangssignal in Form eines Schwebungssignals zu erzeugen, das erfasst und spektral analysiert werden kann. So erhält man Informationen über das ursprüngliche Lichtsignal.

Die DCS beruht auf Lichtimpulsen von zwei Frequenzkämmen mit leicht unterschiedlichen Abständen zwischen ihren Zinken. Durchläuft beispielsweise ein Frequenzkamm ein Gas, so prägt dieses den optischen Linien des Frequenzkamms ein charakteristisches Muster ein: Durch Mischen dieser Kammlinien mit dem zweiten Kamm-Signal entstehen Ausgangs-Mikrowellenkammlinien, die direkt mit einem Oszilloskop gemessen werden können, um Rückschlüsse auf die Absorptionseigenschaften und Molekülkonzentrationen des Gases zu ziehen.

Kämme und Resonatoren

Das von Bauer und Mitarbeitern gebaute Doppelkamm-Spektrometer hat im Kern zwei optische Resonatoren: den des Pumplasers und den des parametrischen Oszillators. Der Festkörperlaser, der die Frequenzkämme erzeugt, ist ein mit Ytterbium dotierter Yttrium-Aluminium-Granat-Laser (YAG), der zwei räumlich getrennte Lichtstrahlen im nahen Infrarotbereich in einem einzigen Resonator aussendet. In einer zweiten Stufe pumpen die beiden Frequenzkämme synchron den optischen parametrischen Oszillator, der die Wellenlängenabstimmung des Spektrometers ermöglicht. Der nichtlineare Kristall im OPO wandelt jeden Eingangsfrequenzkamm im nahen Infrarot in zwei Ausgangslichtstrahlen mit längeren Wellenlängen um, die als Signal- und Leerlaufstrahlen bezeichnet werden. Wie bei der Laserquelle werden die Signal- und Leerlaufpaare der beiden Kämme im OPO-Resonator räumlich getrennt. Dieses so genannte räumliche Multiplexing in den beiden optischen Resonatoren, d. h. die Möglichkeit, in der Lichtquelle aus Laser und OPO zwei gleichgerichtete Strahlen zu erzeugen, ist ein Alleinstellungsmerkmal des Systems des Forscherteams. Es reduziert die Komplexität des Spektrometers und trägt dazu bei, die hohe Empfindlichkeit zu erreichen, über die in der Arbeit berichtet wird.

Gas-Detektion

Ein neues Verfahren zur Lichtdetektion, die so genannte ‹cross-comb spectroscopy› (CCS), bildet die letzte entscheidende Komponente des von Bauer und Kollegen vorgestellten DCS-Systems. Das Prinzip der CCS wurde erst letztes Jahr von Forschern am California Institute of Technology in den USA vorgestellt. Für ihre Demonstration hat das Team die ursprüngliche CCS-Methode so angepasst, dass ihr OPO sowohl als Lichtquelle als auch als Detektor dient. Konkret breitet sich ein vom OPO kommender Leerlaufstrahl durch die absorbierende Gasprobe aus und wird dann zum OPO zurückgeschickt. Im Kristall interagiert dann der Leerlaufstrahl mit dem Signalstrahl aus dem anderen Kamm und erzeugt durch einen weiteren nichtlinearen Prozess, die so genannte Aufwärtskonversion, das Ausgangssignal, welches detektiert und analysiert werden kann, um Informationen über die Gasprobe zu erhalten. Im Gegensatz zu dem vom Team des California Institute of Technology vorgeschlagenen Ansatz erfordert dieses System keine zusätzliche externe Lichtquelle für den Aufwärtswandlungsprozess.

Bauer und Kollegen verwendeten ihr DCS, um Methan in seiner natürlichen Konzentration von 2 Teilen pro Million in der Umgebungsluft über eine Weglänge von 3 Metern nachzuweisen. Das System benötigte für diese Messung nur 10 Millisekunden; vor allem aber lag die nachgewiesene Empfindlichkeit nahe an den grundlegenden physikalischen Grenzen, die durch die verfügbare Laserleistung gegeben sind. Die Komplexität des Versuchsaufbaus ist eine bekannte Herausforderung bei der herkömmlichen Dual-Frequenzkamm-Spektroskopie, ebenso wie die begrenzte Empfindlichkeit der Messungen. Dank ihrer räumlich ge-multiplexten, wellenlängenabstimmbaren Lichtquelle und der kavitätsinternen Detektion durch CCS, zeigten die Forscher, dass hochempfindliche Gasabsorptions-DCS über einen grossen Spektralbereich im Infrarotbereich möglich ist.

Literaturhinweis

Bauer, C.P. et al. High-sensitivity dual-comb and cross-comb spectroscopy across the infrared using a widely tunable and free-running optical parametric oscillator. Nat. Commun. 15, 7211 (2024). externe Seite DOI:10.1038/s41467-024-51392-9

Weitere Lektüre

Liu, M. et al. Mid-infrared cross-comb spectroscopy. Nat. Commun. 14, 1044 (2023). externe Seite DOI:10.1038/s41467-023-36811-7

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