Berechnung der Route

Ein Gespräch mit D-PHYS-Absolventen Pierre Leroy-Calatayud, Software-Ingenieur bei der SBB.

Welche Entscheidung hat Sie zu Ihrer jetzigen Tätigkeit geführt?

Als ich meine Masterarbeit abschloss, bot mir mein Professor eine Stelle als Doktorand an. Da ich das Fachgebiet wechseln wollte und mir nicht sicher war, ob eine Promotion der richtige Weg für mich war, lehnte ich das Angebot ab. Nach meinem Master-Abschluss kehrte ich für sechs Monate als Forschungsassistent in das Labor zurück, um mein Projekt abzuschliessen und die Ergebnisse meiner Arbeit zu veröffentlichen. Danach hatte ich ein Praktikum in einem anderen Labor bei einem anderen Professor geplant, das wurde aber leider im letzten Moment abgesagt. Da erinnerte ich mich an ein Gespräch, das ich auf der MindFair geführt hatte: Am Stand der SBB hatte ich von einem Traineeprogramm erfahren, für das sich Physiker:innen und andere MINT-Absolvent:innen bewerben konnten. Dieses Programm war perfekt für mich, denn ich war nicht auf einen bestimmten beruflichen Weg festgelegt und fühlte mich von der Idee des öffentlichen Dienstes angezogen.

Pierre Leroy-Calatayud
D-PHYS-Absolvent Pierre Leroy-Calatayud. (Bild: Alain Herzog/EPFL)

Ich bewarb mich und wurde angenommen. Das zweijährige Traineeprogramm ermöglicht es, verschiedene Umgebungen, Tätigkeiten und Aufgaben kennenzulernen und bietet viel Flexibilität bei der Wahl der Arbeitsbereiche: Zu meiner Auswahl gehörten Elektrotechnik für das Bahnstromnetz, Datenanalyse in verschiedenen Zusammenhängen, Projektmanagement, Instandhaltung von Rollmaterial, Public Affairs und mehr. Ich verbrachte die letzten sechs Monate meines Praktikums in einem Softwareentwicklungsteam, weil ich lernen wollte, wie man richtig programmiert, da ich dachte, dass dies eine wertvolle Fähigkeit für meinen zukünftigen Berufsweg sein würde. Die Arbeit im Software-Entwicklungsteam hat mir sehr gut gefallen, und am Ende des Programms habe ich einen Vertrag als Full-Stack-Software-Ingenieur bekommen.

Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben und Tätigkeiten?

Als Softwareentwickler verbringe ich die meiste Zeit damit, neue Funktionen für Softwareprodukte zu implementieren, die mit Karten und Fussgängerrouting für Kundeninformationen zu tun haben. Als Full-Stack-Softwareteam entwickeln wir sowohl Backends als auch Frontends. Wir arbeiten mit einer BizDevOps-Methodik, was bedeutet, dass ich nicht nur Softwareprodukte entwickle, sondern auch für den Betrieb, die Überwachung und die Bereitstellung unserer Dienste verantwortlich bin. Durch den BizDevOps-Ansatz kann ich mit meinen Ideen auch die zukünftige Ausrichtung unserer Softwareprodukte beeinflussen.

Wie hat Sie Ihr Doktortitel in Physik auf diese Stelle vorbereitet und was schätzen Sie aus beruflicher Sicht am meisten an Ihrem physikalischen Hintergrund?

Auf den ersten Blick hat mich mein Studium nur indirekt auf diese Tätigkeit vorbereitet, denn es gibt keinen Kurs aus meinem Masterstudium, auf den ich mich täglich beziehe. Der Kurs, der für die Softwareentwicklung am ehesten relevant wäre, ist der Einführungskurs in die Informatik aus meinem Bachelor-Studium.

Was mich mein Physikstudium gelehrt hat, findet sich in keinem einzigen Universitätskurs: Es hat mir die Fähigkeit vermittelt, komplexe Themen schnell und effizient zu lernen, und es hat mich gelehrt, mit einem hohen Mass an Abstraktion zu denken. Diese Fähigkeiten ermöglichten es mir, als absoluter Anfänger im Software-Engineering anzufangen und in weniger als sechs Monaten ein anstellungsfähiges Berufsprofil zu entwickeln. Die Semesterprojekte sowie meine Bachelor- und Masterarbeiten haben mich gelehrt, selbstständig und selbstbewusst zu arbeiten und dabei mit vielen offenen Fragen umzugehen. In der Physik geht es darum, Probleme zu analysieren und zu lösen, sei es in Form von Gleichungen oder Versuchsaufbauten. Im Moment bedauere ich es ein wenig, dass ich meine mathematischen Fähigkeiten nicht so oft einsetze, wie ich es gerne würde. Wenn es also im Team Aufgaben zur Datenanalyse gibt, übernehme ich sie gerne.

 

Aus dem Englischen übersetzt von Kilian Kessler

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