Wenn Treibhausgase nützlich sind

Forschende zeigen auf, dass aktuelle und geplante Instrumente Techno-Signaturen in Form von künstlichen Treibhausgasen in exoplanetaren Atmosphären nachweisen können.

von Thibaut Roger und Gaia Donati
Terraforming of an exoplanet
Artistic impression of exoplanetary terraforming. (Image: Thibaut Roger/NCCR PlanetS)

Ein Exoplanet, der atmosphärische und Oberflächen-Bedingungen aufweist, die das Vorhandensein von flüssigem Wasser auf der Oberfläche begünstigen, ist eine Welt, die Leben beherbergen könnte. Hypothetisch könnte eine intelligente und fortgeschrittene ausserirdische Zivilisation das Ziel verfolgen, solche lebenserhaltenden Bedingungen auf einem ansonsten schwierigen oder unbewohnbaren Planeten durch Climate Engineering zu schaffen. Beispielsweise könnten künstliche Treibhausgase im Rahmen eines Terraforming-Prozesses verwendet werden oder um eine Welt aufzuheizen, die kurz vor einer Eiszeit steht.

Ein Forscherteam unter der Leitung der University of California, Riverside in den USA hat gerade eine Studie im The Astrophysical Journal veröffentlicht, in der untersucht wurde, welche Art von nachweisbaren Spuren extraterrestrische Klimatechnik auf beobachtbaren Exoplaneten hinterlassen könnte. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Instrumente an Bord des James Webb Space Telescope (JWST) in der Lage sind, relativ geringe Konzentrationen von Treibhausgasen in den Atmosphären naher Exoplaneten nachzuweisen. Der Mitautor der Studie, Dr. Daniel Angerhausen, Forscher am Institut für Teilchenphysik und Astrophysik am D-PHYS und Mitglied des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) PlanetS, konzentrierte sich auf Simulationen, die aufzeigen, dass diese möglichen Entdeckungen durch die nächste Generation weltraumgestützter Teleskope (derzeit in Entwicklung) weiter verbessert werden, wofür die von der ETH Zürich geleitete Mission Large Interferometer For Exoplanets (LIFE) ein gutes Beispiel ist.

Die richtige Auswahl der Gase

Treibhausgase sind gefährliche Schadstoffe, deren Emission und atmosphärische Konzentrationen auf der Erde kontrolliert werden müssen, um schädliche Klimaauswirkungen zu verhindern. Auf einem Exoplaneten könnten diese Gase jedoch absichtlich eingesetzt werden, und zwar genau aus einem der Gründe, die sie auf unserer Welt so gefürchtet machen - ihre wärmende Wirkung.

Von einigen Treibhausgasen ist auch nicht bekannt, dass sie in der Natur in nennenswerten Mengen vorkommen. Der Nachweis ihrer Anwesenheit in der Atmosphäre eines Exoplaneten wäre daher ein deutliches Zeichen für intelligente Lebensformen mit Zugang zu fortschrittlicher Technologie: Astrophysiker bezeichnen diese Art von Beweisen als Techno-Signaturen. Für ihre Simulationen wählten die Autoren der Studie fünf künstliche Treibhausgase aus, die in industriellen Anwendungen wie der Herstellung von Computerchips verwendet werden: fluorierte Versionen von Methan, Ethan und Propan sowie Gase, die aus Stickstoff und Fluor oder aus Schwefel und Fluor bestehen.

Ein Grund für die Wahl dieser künstlichen Gase ist, dass ihre wärmende Kraft sehr effektiv ist. Eine relativ kleine Menge Schwefelhexafluorid könnte zum Beispiel einen gefrorenen Planeten so weit aufheizen, dass auf seiner Oberfläche Wasser flüssig bleibt. Ein weiterer Vorteil der von den Forschenden in Betracht gezogenen Gase - zumindest für den Nachweis von Techno-Signaturen - besteht darin, dass sie außergewöhnlich langlebig sind: in einer erdähnlichen Atmosphäre könnten sie bis zu 50000 Jahre lang bestehen. "Die lange Lebensdauer macht diese Gase zu ausgezeichneten Techno-Signaturen, nach denen man systematisch suchen kann, im Vergleich zu kurzlebigeren Signalen. Diese Signaturen könnten sogar ihre Zivilisation überdauern, wenn ihre Geo-Engineering-Experimente scheitern sollten", erklärt Angerhausen.

Erkennung von Techno-Signaturen

Künstlich erzeugte Treibhausgase verändern das Klima eines terrestrischen Planeten, da sie das vom Planeten ausgestrahlte und reflektierte Infrarotlicht absorbieren. Dadurch wird verhindert, dass Infrarotlicht in den Weltraum entweicht und die Wärme in der Atmosphäre des Planeten gebunden wird. Diese starke Absorption im mittleren Infrarot erzeugt eine charakteristische spektroskopische Signatur in den Atmosphären von terrestrischen Planeten mit gemässigtem Klima. Spektroskopische Beobachtungen von Exoplaneten sind eine gängige Methode, um die chemische Zusammensetzung ihrer Atmosphären zu bestimmen, und die Bedeutung des thermischen Fensters im mittleren Infrarot wird von der Forschungsgemeinschaft weitgehend anerkannt.

Die Autoren der Studie simulierten die Emissionsspektren verschiedener exoplanetarer Kandidaten, um festzustellen, wie erfolgreich der Nachweis von Treibhausgasen in exoplanetaren Atmosphären mit heutiger und zukünftiger Technik sein könnte. Sie betrachteten zunächst einen hypothetischen terrestrischen Planeten im TRAPPIST-1-System, das etwa 40 Lichtjahre von der Erde entfernt ist und mehrere Gesteinsplaneten enthält. TRAPPIST-1 ist eines der am besten untersuchten exoplanetaren Systeme und ein realistisches Beobachtungsziel für bestehende weltraumgestützte Teleskope wie das JWST. Das Team stellte fest, dass die Instrumente an Bord des JWST in der Lage wären, künstlich erzeugte Treibhausgase in den für das Climate Engineering erforderlichen Mengen nachzuweisen.

Die Forschenden untersuchten dann, welche Technosignaturen mit LIFE auf einer breiteren Palette von hypothetischen Planeten nachweisbar wären, die nicht wie im TRAPPIST-1-System einen Transit durchlaufen würden. Angerhausens Kenntnisse des Missionskonzepts und von LIFEsim, einem öffentlich zugänglichen Softwaretool, mit dem LIFE-Beobachtungen simuliert werden können, waren für diesen Teil der Studie entscheidend. In diesem Fall stellte das Team fest, dass die Schwellenwerte für den Nachweis der ausgewählten Treibhausgase sogar günstiger sind als die, die für Standard-Biosignaturen wie Ozon und Methan erwartet werden. Im Idealfall bedeutet das, dass terra-formierte Atmosphären bei der Suche nach Standard-Biosignaturen identifiziert werden könnten, ohne dass weitere Anforderungen an die Instrumentierung oder die Beobachtungszeitfenster gestellt werden. "Unsere Ergebnisse zeigen, wie leistungsfähig unsere Teleskope der nächsten Generation sind. Wir sind die erste Generation in der Geschichte, welche die Technologie hat, um systematisch nach Leben und Intelligenz in unserer galaktischen Nachbarschaft zu suchen", sagt Angerhausen.

Da LIFE in der Lage sein wird, Planeten direkt im Infrarotbereich abzubilden, wird es den Raum für die Entdeckung von Exoplaneten im Vergleich zu JWST, das Planeten beim Transit vor ihren Wirtssternen untersucht, erheblich erweitern. LIFE wird nicht nur ein, sondern vier Teleskope einsetzen, deren Licht durch Interferometrie auf einer fünften Sonde kombiniert wird, um eine exquisite Auflösung entfernter Objekte zu erreichen. LIFE baut auf dem Erbe der ESA-Missionskonzepte Darwin oder TPF-I der NASA auf und nutzt gleichzeitig die neuesten Entdeckungen in der Exoplanetenforschung und die neuesten technologischen Entwicklungen. "Mit der Unterstützung des NCCR PlanetS und des Swiss Space Office arbeiten wir derzeit an NICE, einer laborgestützten Version des Instruments, mit der wir zeigen können, dass die Technologie ausgereift genug ist, um das Konzept in die Realität umzusetzen", erklärt Professor Sascha Quanz, der das Missionskonzept an der ETH Zürich leitet.

 

Dieser Artikel basiert auf dem von der University of California, Riverside, externe Seite veröffentlichten Beitrag.

 

 

Aus dem Englischen übersetzt von Kilian Kessler

Reference

Schwieterman, E.W. et al. Artificial Greenhouse Gases as Exoplanet Technosignatures. ApJ 969, 20 (2024). externe Seite DOI:10.3847/1538-4357/ad4ce8

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert