Hamburger Preis für Theoretische Physik geht an Eugen Demler
- Institute for Theoretical Physics (ITP)
- Physik
- Quantenwissenschaften
Eugene Demler, Quantenforscher und Professor an der ETH Zürich, wurde für seine theoretischen Arbeiten über Quantenflüssigkeiten und -festkörper geehrt, insbesondere für seine Beiträge zur Untersuchung ultrakalter Atome in optischen Gittern.
Demler ist seit Sommer 2021 Professor am Departement Physik der ETH Zürich. Zuvor war er Physikprofessor an der Harvard University (2001-2021). Seine Forschung fokussiert auf das Verständnis stark korrelierter Quantensysteme, von Elektronen in Festkörpern über verdünnte atomare Gase bis hin zu Photonen. Seine Arbeit hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf verschiedene Bereiche wie Magnetismus und Supraleitung, Vielteilchenphysik mit ultrakalten Atomen in optischen Gittern, nichtlineare Quantenoptik sowie Pump- und Sondenexperimente in Festkörpern. Der Preis wurde Demler am 10. November 2021 in Hamburg verliehen.
Viele wichtige Impulse
Der Hamburger Preis für Theoretische Physik wird seit 2010 an international renommierte Forscher vergeben. Er ist einer der höchstdotierten Physikpreise in Deutschland. Dr. Henneke Lütgerath, Vorstandsvorsitzender der Joachim Herz Stiftung sagt: «Mit Eugene Demler zeichnen wir in diesem Jahr einen Forscher aus, der sich um die Anwendung seiner theoretischen Arbeiten in der Experimentalphysik verdient gemacht hat. Seine Überlegungen haben viele wichtige Impulse für die Entwicklung neuer Materialien, zum Beispiel für die Energieübertragung oder die Datenverarbeitung, gegeben»
Mit Quantensimulationen zu einem besseren Verständnis von Materialien
Eugene Demler ist ein weltweit renommierter Experte für theoretische Quantenphysik. Diese beschreibt, wie sich Elektronen, Atome und andere winzige Objekte verhalten. Demlers Arbeit hat auch massgeblich zur Entwicklung von Quantensimulatoren beigetragen, die auf ultrakalten Atomen basieren, und die fundamentale Modelle der Physik der kondensierten Materie nachbilden. Beim Versuch, komplexe Materialien zu verstehen, stellen Theoretikerinnen und Theoretiker der kondensierten Materie vereinfachte Modelle vor, analysieren sie und versuchen, ihre Ergebnisse mit experimentell gemessenen Materialeigenschaften in Beziehung zu setzen.
Mittels Quantensimulatoren experimenteller Systeme erschaffen
Selbst mit einfachen Modellen ist es oft schwierig starke Wechselwirkungen zwischen Teilchen genau darzustellen. Wenn die theoretischen Ergebnisse nicht mit den Experimenten übereinstimmen, ist nicht immer klar, worauf die Abweichung zurückzuführen ist. Es kann sein, dass mit dem Modell nicht alle Wechselwirkungen angemessen berechnet und dargestellt werden können. Oder es könnten dem Modell auch einige wichtige Eigenschaften fehlen. Quantensimulatoren lösen dieses Problem, indem sie experimentelle Systeme schaffen, die grundlegende Modelle der Physik der kondensierten Materie nachbilden. In Simulatoren für kalte Atome werden Atome mit Laserstrahlen zu periodischen Strukturen angeordnet, um künstliche Kristalle zu erzeugen.
Beschreibung von Systemen aus kondensierter Materie
Experimente an kalten Atomsimulatoren werden es den Forschenden nicht nur ermöglichen, die Eigenschaften paradigmatischer Modelle zu verstehen, sondern auch zu klären, was ihnen zur Beschreibung von Systemen der kondensierten Materie fehlt. Experimente an kalten Atomsimulatoren haben bereits neue Erkenntnisse über die Eigenschaften von Materialien geliefert, die aus der komplexen Wechselwirkung von Tausenden von Teilchen entstehen, die den Gesetzen der Quantenmechanik gehorchen. Dazu gehören Quantenmagnete und topologische Isolatoren sowie Supraleiter, das heisst Materialien, die eine widerstandsfreie Übertragung von Elektrizität ermöglichen.
Über Eugene Demler
Eugene Demler studierte theoretische Physik am Moskauer Institut für Physik und Technologie. Anschließend wechselte er an die Stanford University in Kalifornien und veröffentlichte noch während seiner Doktorarbeit (Promotion 1998) seinen ersten viel zitierten Artikel über das Zusammenspiel von Antiferromagentismus und Supraleitung in Hochtemperatursupraleitern.
Er war Junior Fellow in der Harvard Society of Fellows und wurde 2001 Assistenzprofessor in Harvard, wo er eine entscheidende Rolle bei der Erschliessung eines neuen Forschungsgebiets spielte: der Lösung langjähriger Probleme auf dem Gebiet der Physik kondensierter Materie mit Hilfe von Atomen in optischen Gittern. Im Jahr 2005 wurde er dort zum ordentlichen Professor ernannt. Demler untersuchte unter anderem, wie die einzigartigen experimentellen Werkzeuge der Atomphysik genutzt werden können, um Erkenntnisse über Quanten-Vielteilchensysteme zu gewinnen, die in Festkörpersystemen nicht möglich sind.
Demler war Mitglied des Harvard-MIT Centre for Ultracold Atoms und des Institute for Theoretical Atomic Molecular and Optical Physics am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und hat mehrere bedeutende Auszeichnungen erhalten.
externe Seite Zum vollständigen Artikel (Der obige Text basiert auf einer Medienmitteilung der Joachim Herz Stiftung: Preisträger 2021)
Der Hamburger Preis für Theoretische Physik
Der Preis wird von der Joachim Herz Stiftung gemeinsam mit dem Wolfgang Pauli Zentrum (WPC) der Universität Hamburg, dem Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) und dem Exzellenzcluster «CUI: Advanced Imaging of Matter» an der Universität Hamburg verliehen. Der Preis ist mit insgesamt EUR 137.036 dotiert – die Zahl ist eine Anspielung auf die Sommerfeldsche Feinstrukturkonstante. Diese Dotierung ist eine der höchsten unter deutschen Physikpreise. Mit dem Preis sind neben einem Stipendium auch Forschungsaufenthalte in Hamburg verbunden, bei denen Demler entscheidende Impulse für eine Reihe von Experimenten in Hamburg, an der Universität, bei DESY, am Max-Planck-Institut und am European XFEL gegeben hat.