Ein «Magnetischer Twist» in Graphen
- Institute for Theoretical Physics (ITP)
- D-PHYS
Eine leichte Verdrehung, auch Twist genannt, zwischen zwei Graphenschichten erzeugt eine Fülle von stark wechselwirkenden Zuständen. Neue theoretische Arbeiten zeigen, wie durch Einbetten dieser Anordnung zwischen Ferromagneten der «Valley»-Freiheitsgrad die Physik dominiert, wodurch sich die Möglichkeiten solch verdrehter Doppelschichtsysteme erweitern.
In einer neuen theoretischen Arbeit schlägt der Doktorand Tobias Wolf zusammen mit den Professoren Oded Zilberberg und Gianni Blatter von der ETH Zürich und Professor Jose Lado von der Aalto-Universität eine neue Richtung für die korrelierte Physik in solchen Materialien vor. Das Team zeigte, dass die Einbettung von verdrehten Graphenschichten zwischen ferromagnetischen Isolatoren einen Freiheitsgrad in den Vordergrund rückt, der für diese Systeme bisher im Schatten blieb: das «Valley».
Der Valley-Freiheitsgrad entsteht durch lokale Minima im Leitungsband von kristallinen Materialien. Er hat Ähnlichkeiten mit dem Spin-Freiheitsgrad; wie der Eigendrehimpuls von Teilchen (Spin) kann auch das Valley für die Informationsverarbeitung oder emergente Physik, also zur Bildung neuer Eigenschaften oder Strukturen auf der Makroebene des Systems genutzt werden. Tatsächlich haben die elektronischen Bänder von Graphen zwei Valleys, aber die unkonventionellen Zustände, die bisher in verdrehtem Bi-Graphen identifiziert wurden, beinhalten zumeist Quantenordnungen in den Freiheitsgraden «Ladung» oder «Spin». Dies wirft die Frage auf, ob der ausgeprägte Valley-Freiheitsgrad zu einer eigenen Familie von korrelierten Zuständen in verdrehten Doppelschichten führen kann.
Die erste erfolgreiche Isolierung von Graphen – einzelnen Schichten aus Kohlenstoffatomen – im Jahr 2004 löste eine Revolution aus, die zweidimensionale Materialien in den Fokus der physikalischen Forschung rückte. Gleichzeitig eröffnete die Entdeckung spannende Perspektiven für neuartige Bauelemente. In den letzten Jahren kam ein neuer Aspekt hinzu. Es wurde gezeigt, dass eine leichte Drehung zwischen zwei gestapelten Graphenschichten eine Vielzahl faszinierender Quantenphänomene hervorrufen kann, darunter Supraleitung, korrelierte isolierende Zustände und kontrollierbare topologische Zustände.
Wolf und seine Kollegen bestätigen diese Beobachtung und fügen in ihren neusten theoretischen Untersuchungen noch einen weiteren Punkt hinzu. Wenn die verdrehten Graphenschichten in Ferromagneten eingebettet werden, interagieren Twist-Engineering, Ferromagnetismus und relativistische Effekte so, dass der entstehende Valley-Freiheitsgrad das Verhalten der Anordnung dominiert. Das Gebiet der Valley-korrelierten Physik verspricht interessante Entdeckungen und neuartige Anwendungen. Insbesondere haben die Forschenden herausgefunden, wie sich die wechselseitigen Beziehungen der korrelierten «Nur-Valley»-Zustände elektrisch manipulieren lassen, und haben damit eine Materialplattform geschaffen, in der diese neuartigen Zustände auch in der Praxis erzeugt werden könnten. Außerdem sind ihre Vorhersagen nicht auf Graphen beschränkt, sondern sollten auch für andere zweidimensionale van-der-Waals-Materialien gelten. Dies öffnet die Tür zum neuen Gebiet der korrelierten « Valleytronik ».