Vertrauen ist gut, Quantentricks sind besser
Institute for Theoretical Physics (ITP)
Kann es eine Privatsphäre geben in einer Welt, in welcher wir Geräte verwenden, denen wir nicht unbedingt vertrauen können? Ja, genau das erreicht die „geräteunabhängige Quantenkryptographie“. Eine neue Arbeit zeigt nun, wie dieses ultimative Mass an Kommunikationssicherheit in der Praxis erreicht werden könnte.
In der Quantenkryptographie werden die Gesetze der Quantenmechanik dazu genutzt, Nachrichten mit höherer Sicherheit auszutauschen, als dies mit herkömmlichen kryptographischen Verfahren möglich ist, welche auf klassischen physikalischen Phänomenen beruhen. Im Prinzip ermöglicht die Quantenkommunikation absolute Sicherheit — sprich, kein Dritter kann Nachrichten abfangen oder sie manipulieren. In der Praxis ist eine solche bedingungslose Sicherheit jedoch nicht realisierbar. Insbesondere kann eine unautorisierte Person die Kommunikationsgeräte, die später verwendet werden, im Voraus manipulieren und so ein Ablauschen ermöglichen. Rotem Arnon-Friedman und Mitarbeiter haben nun aber bewiesen, dass es quantenkryptographische Protokolle gibt, die selbst für manipulierte Geräte eine nahezu optimale Sicherheit gewährleisten, und dass eine solche geräteunabhängige Quantenkryptographie mit der aktuellen Quantentechnologie möglich sein soll. Diese Ergebnisse sind in einem Artikel beschrieben, der heute in der Wissenschaftszeitschrift Nature Communications erschienen ist.
Geräteunabhängige Quantenkryptographie ist der "Goldstandard" der Quantenkommunikation, da die Vorteile der Quantenkryptographie genutzt werden können, ohne dass sich die Kommunikationspartner darum kümmern müssen, ob die verwendeten Geräte vertrauenswürdig sind oder nicht. Dies sind vielversprechende Aussichten, aber bislang war die geräteunabhängige Quantenkryptographie ein grösstenteils theoretisches Konstrukt, mit experimentellen Anforderungen, die unter realistischen Bedingungen nicht erreichbar sind.
Deswegen ist die neue Arbeit von Arnon-Friedman, einer Doktorandin in der Gruppe von Prof. Renato Renner am Institut für Theoretische Physik der ETH Zürich, und Mitarbeitern in den USA, Frankreich und der Tschechischen Republik so interessant. Das Team hat ein neues theoretisches Konzept namens "Entropieakkumulation" entwickelt und wandte es auf die Quantenkryptographie an. Sie zeigten, dass jede noch so komplexe Angriffsstrategie in eine Abfolge von einfachen Schritten zerlegt werden kann (siehe Abbildung). Dies ist sehr hilfreich für Sicherheitsbeweise, welche bekanntermassen schwierig sind, weil jede mögliche Angriffsstrategie, die ein Gegner entwickeln kann, berücksichtigt werden muss. Mit ihrem neuen Ansatz bewiesen Arnon-Friedman und ihre Kollegen nun erstmals die Sicherheit der geräteunabhängigen Quantenkryptographie in einem Regime, das mit modernster Quantentechnologie erreichbar ist. Damit könnten diese Resultate den Weg ebnen zu einer praktischen Umsetzung solcher Systeme.
Diese Arbeit ist eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern der ETH Zürich (Schweiz), des California Institute of Technology (USA), der École Normale Supérieure de Lyon (Frankreich), der Université de Lorraine (Frankreich) und der Masaryk Universität (Tschechische Republik).
Literaturhinweise
Arnon-Friedman R, Dupuis F, Fawzi O, Renner R, Vidick T. Practical device-independent quantum cryptography via entropy accumulation. Nature Communications doi: externe Seite 10.1038/s41467-017-02307-4 (2018).
News-&-Views-Artikel zu dieser Arbeit:
Ekert A. Quantum cryptography: The power of independence Nature Physics 14, 114–115 (2018). externe Seite doi:10.1038/nphys4346