Geschichte
Eine kurze Geschichte des Departements Physik
Das Fach Physik wurde bereits bei der Gründung der ETH im Jahre 1855 als wichtige Disziplin eingestuft. Der dafür geschaffene Lehrstuhl wurde mit Rudolf Clausius, berühmt für seine Formulierung des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik, besetzt. Unterricht und Forschung waren bis anfangs des 20. Jahrhunderts durch die experimentelle Physik dominiert. Erwähnenswert sind die Messungen der spezifischen Wärme von Diamant durch Heinrich Friedrich Weber. Dessen Daten wurden später von Albert Einstein, bei seiner ersten Anwendung der Quantenhypothese auf feste Körper, verwendet. Dank der experimentellen Resultate erkannte Weber auch bereits jenen Zusammenhang, der 10 Jahre später als Wien'sches Verschiebungsgesetz Furore machte. Nach 1900 machte Pierre Weiss, einer der führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet des Magnetismus, unter anderem durch seine Erfolge in der Erzeugung hoher Magnetfelder von sich reden.
Einstein, Student an der ETH von 1896 bis 1900, beklagte sich offenbar wiederholt über den Mangel an damalig moderner theoretischer Physik im Ausbildungsangebot der Schule, zu dieser Zeit noch ein Polytechnikum. Er selber behob diesen Mangel, als er 1912 den Ruf auf den ersten Lehrstuhl für theoretische Physik an seiner alma mater, der inzwischen der Status einer Technischen Hochschule verliehen worden war, annahm. Seine Nachfolger, Peter Debye und später Wolfgang Pauli, sorgten für weiterhin herausragende Bedeutung dieser Disziplin an der ETH. Der Bereich der experimentellen Physik wurde nach 1920 durch Paul Scherrer geprägt. Er war insbesondere dafür verantwortlich, dass nach 1932 ein auch international bedeutendes Programm in Kernphysik realisiert werden konnte.
Umzug auf den Hönggerberg
Nach 1960 führte die drastische Zunahme der Studentenzahlen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften generell und imder Physik im Speziellen zu einer signifikanten Erhöhung der Anzahl von Physikprofessuren. Hauptsächlich betraf dies die Physik der kondensierten Materie, die Teilchenphysik und die theoretische Physik. Die unausweichlichen Raumprobleme konnten zwischen 1965 und 1973 mit der schrittweisen Inbetriebnahme des neuen ETH-Standortes auf dem Hönggerberg, ausserhalb des Zentrums von Zürich, gelöst werden.
Gleichzeitig änderte das bisherige Physikalische Institut seine Organisationsform zu der eines Departements (D-PHYS). Die neue Struktur hat sich bis heute ohne grundlegende Änderungen bewährt. Die Forschungsaktivitäten der Festkörperphysik, hauptsächlich in den Bereichen des Magnetismus, der Supraleitung und der Ferroelektrizität, stützten sich auf die hohe Kompetenz in der Materialherstellung und -charakterisierung. Komplementär dazu entstand ein starkes Programm in der Laserphysik und -entwicklung. Die Teilchenphysik profitierte von Programmen am CERN in Genf und beteiligte sich am Aufbau und der Nutzung eines Protonenbeschleunigers am neu entstandenen nationalen Institut für Nuklearforschung (SIN, jetzt PSI) in Villigen. Im Bereich der theoretischen Physik wurde die bisherige erfolgreiche Tätigkeit in mathematischer Physik ergänzt durch Programme der neuen Lehrstühle in Physik der kondensierten Materie und in phänomenologischer Teilchenphysik.
Die wachsende Bedeutung der Wechselwirkungen zwischen Licht und Materie, nicht nur in der Forschung sondern auch in technischen Entwicklungen, führte nach 1980 zum Aufbau der neuen Disziplin Quantenelektronik, die auch in der Lehre als neues Fach angeboten wurde. Das neu gegründete Institut (IQE) wuchs sehr schnell und erreichte bald die Grösse der drei bisherigen (LFKP, IPP, ITP). Zudem wurde die Forschung in der Festkörperphysik in Richtung mesoskopische Physik erweitert.
Die riesigen Fortschritte beim Bau von erd- und satellitengestützten Teleskopen und die sich damit schnell einstellenden Erfolge der beobachtenden Astronomie legten es nahe, das bestehende Astronomieprogramm entsprechend auszuweiten. Kurz nach Beginn des neuen Milleniums konnte das Vorhaben schliesslich mit der Einrichtung von zwei neuen Astronomieprofessuren realisiert werden. Dazwischen führte eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen theoretischer Physik und Hirnforschung zur Neugründung eines Instituts für Neuroinformatik (externe Seite INI), das gemeinsam von der ETH und der Universität Zürich (UZH) getragen wird. Eine ähnliche, etwas weniger formale Zusammenarbeit mit der UZH besteht im gesamten Unterricht der theoretischen Physik und in Lehrveranstaltungen in Teilchenphysik für graduierte Studierende (MSc und Doktorierende). Seit 2000 sind auch mehrere Forschungsgruppen in den zu dieser Zeit neu geschaffenen nationalen Schwerpunkts-programmen (NCCR) prominent beteiligt.
Ungebrochene Dynamik
Der unwidersprochenen Bedeutung einer hochqualitativen Ausbildung von Fachlehrern im sekundären Bildungsbereich wurde vor kurzem durch die Etablierung einer Professur für Unterricht in Physik auf dieser Stufe Rechnung getragen. Mittels gemeinsam getragener Professuren wurden neue Verbindungen mit dem Paul Scherrer Institut geschaffen. Im speziellen wird das Laboratorium für Neutronenstreuung (externe Seite LNS) des PSI gemeinsam unter den Auspizien des D-PHYS und des PSI betrieben. Das Departement betreut ebenfalls das Laboratorium für Ionenphysik (LIP). Die vorhandenen Anlagen werden zum grossen Teil für Experimente in Projekten der Umweltwissenschaften, Klimatologie, Archäologie und Materialwissenschaften genutzt.
Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Forschung umfassen ein Programm in Quanten-Wissenschaften und deren technischen Anwendungen (QSIT), einer Zusammenarbeit zwischen verschiedenen ETH-Instituten und externen Gruppen der Universitäten Genf und Basel. Das Programm profitiert von einer hervorragenden technischen Infrastruktur für die Behandlung von künstlichen Mikro- und Nanostrukturen (FIRST-Lab). Die Aktivitäten in Teilchenphysik und Astronomie sind prominent in internationalen Programmen in Europa und Übersee eingebettet. Zudem verbindet die PLANET-Z-Initiative verschiedene Gruppen der ETH mit Partnern aus den Universitäten Zürich und Bern zu einem multidiszipliären Ansatz in der planetaren Forschung.